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18.01.2024

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Stadion Naming Rights – zwischen Tradition und Konkurrenz

Das «Spotify Camp Nou» Naming Right kam für manche Beobachter überraschend. Der FC Barcelona gehört damit zu den Traditions-Vereinen im Fussball, die das Naming Right eines bestehenden Stadions erstmals vergeben haben.

Dass das Naming Right eines Stadions ein sensibles Recht ist, bestätigt auch Henning Otte, Abteilungsleiter Sponsoring bei Borussia Mönchengladbach: «Ich nehme ja nicht nur jemanden an meine Werbebande. Ich habe denjenigen an meiner Hausfassade kleben!» Doch es ist kaum mehr von der Hand zu weisen, dass die Vergabe des Namensrechts durch die zusätzlichen Einnahmen die Konkurrenzfähigkeit eines Clubs sichern oder zumindest fördern kann. In diesem Dilemma steckt beinahe jeder Verein und muss dieses für sich abwägen. Viele Vereine und Stadionbetreiber entscheiden sich offensichtlich für die Vergabe, denn nur zwei Stadien in der 1. Fussball-Bundesliga haben ihr Namensrecht nicht vermarktet: der Borussia-Park in Mönchengladbach und die Alte Försterei in Berlin.

Klar ist: Unternehmen sind bereit hohe Summen für attraktive Werberechte zu zahlen. Das ist für die Vereine und damit auch für die Fans im Sinne der Konkurrenzfähigkeit lukrativ. Aber um welchen Preis? Wo liegt die «Schmerzgrenze»? Und wie wird aus einer blossen Werbefläche die Marke aktiviert und emotionalisiert?

Wir haben die Partner aus dem ESB Netzwerk befragt, ob und warum sie ihr Stadion Naming Right vergeben und wie Sponsoren das Namensrecht aktivieren. Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten gibt es in der Aktivierung? Was sind die ausschlaggebenden Argumente für diese Vereine, das Recht nicht zu vermarkten oder zu aktivieren? Und worauf achten Vereine bzw. Stadionbetreiber besonders, wenn sie das Namensrecht doch vergeben?

Venues ohne Namenssponsor: Wie lange noch?

Einige wenige Vereine und Stadien haben ihr Namensrecht nicht vergeben. Verzichten diese langfristig auf die Werbeeinnahmen eines Naming Rights? Oder finden diese Vereine einfach keinen Namenssponsor? Henning Otte von Borussia Mönchengladbach erklärt, dass es bei den Rheinländern «nicht nur aus Absagen aus dem Markt lag, sondern auch dass wir mit Rahmenbedingungen nicht einverstanden waren.» Beim Konflikt mit der Tradition sind dem Naming Right oft Grenzen gesetzt. Wenn ein Sponsor seinen Namen oder sein Logo an das Stadion montieren will, sollte das aus Sicht des Abteilungsleiter Sponsoring der Borussen auch mit den Vereinsfarben und -werten übereinstimmen. Es gehe schliesslich darum «glaubwürdige Partnerschaften und Geschichten zu kreieren» um eine hohe Akzeptanz bei den Fans sicherzustellen, was in seinen Augen nicht ohne gewisse Eingeständnisse auf Seiten des Sponsors geht. Zumal die Borussen als auch die Eisernen Unioner beweisen, dass sportlicher Erfolg auch ohne die Vergabe des Naming Rights möglich ist. Dennoch bedarf es Feingefühl seitens des Sponsors, damit die Namensänderung von den Fans akzeptiert wird. Signal Iduna verzichtet seit dem Erwerb des Namenrechts in Dortmund auf das CI-blau und präsentiert sich am und um das Stadion in schwarz und weiss. Solche Anpassungen an den Verein sind natürlich gerne gesehen und fördern die Glaubwürdigkeit der Partnerschaften.

Speziell das Stadion als starkes Symbol für die Fans und den Verein ist sensibler zu behandeln als eine klassische Werbebande, wo durch diverse Partner ohnehin ein bunter Mix aus Unternehmen präsent ist. Das führt aber dazu, dass sich die Suche nach einem passenden Namenssponsor langwierig gestalten kann. Zusätzlich bietet ein Stadion als Aushängeschild einer Stadt oder Region eine gute Möglichkeit für Unternehmen aus der Umgebung sich in der Region zu etablieren. Unter regionalen Unternehmen einen Partner zu finden, der langfristig bereit ist eine hohe Summe für das Naming Right zu zahlen – wie bei Stadion Naming Rights üblich – ist offensichtlich nicht so einfach zu gewährleisten.

Auch wenn das Namensrecht finanziell unterstützt, profitiert nicht nur der Verein vom Sponsor, sondern der Sponsor strahlt ein auch gewisses Branding auf den Verein und das Stadion aus. Dieses kann laut Marc Gianola, CEO des HC Davos, unter Umständen andere Partner oder Events im Stadion ausschliessen. Das gestaltet die Suche noch schwieriger, da Vereine und Arenen meistens keine potenziellen Sponsoren durch ein Sponsoring ausschliessen wollen. Zudem ist es bei bereits etablierten Stadien, wie im Fall des Eisstadions Davos schwieriger einen Naming Right Partner zu finden als bei neu gebauten Stadien.

Unter diesen Voraussetzungen verzichten einige Vereine auf die Vergabe des Naming Rights bzw. haben die Suche noch nicht abgeschlossen. Ganz vom Tisch ist das Thema wohl nie. Vor allem vor dem Hintergrund der Absicherung, bestätigt auch Henning Otte: «In Krisenzeiten merkt man schon, welche Potenziale man noch nicht ausgeschöpft hat. Deswegen wird das sicherlich in Zukunft Thema werden.» Auch Nils Böringschulte von D.LIVE, Betreiber mehrerer Venues in Düsseldorf, bestätigt, dass auch beim CASTELLO Düsseldorf das Thema nicht vom Tisch ist: «Das Naming Right steht daher bei uns auf der Agenda weit oben und ist jederzeit denkbar.» Durch diverse Events und steigende Bekanntheit ist es auch in diesem Fall sicher einfacher gesagt als getan einen Sponsor zu finden, der allen Anforderungen gerecht wird und keine Events durch ein eigenes Branding ausschliesst.

@D.LIVE

Idealfall: Neubau inklusive Namensrecht

Die Suche nach einem Namenssponsor ist in Zürich schon seit Beginn des Baus der neuen Eishockeyarena geklärt. Das Versicherungsunternehmen «Swiss Life» hat sich das Recht zur Benennung der neuen Arena gesichert und ist damit ein Beispiel wie das Namensrecht einer Arena schon mit der Geburtsstunde des Stadions vergeben wird. Somit wird direkt der Name etabliert und das Risiko der Fanabneigung gegenüber einem Naming Right minimiert. Die Swiss Life Arena ist Heimspielstätte des Eishockeyclubs ZSC Lions und bietet neben Eishockey Platz für weitere Events, was zur Aktivierung des Sponsorings genutzt wird. «Bei Corporate Events findet eine sehr gezielte Ansprache statt», erklärt Roger Gemperle, Chief Marketing Officer der ZSC Lions. Damit bieten sich für den Verein als auch den Sponsor in Kooperation gute Möglichkeiten potenzielle Business Partner anzusprechen. Natürlich nutzt Swiss Life auch die Chance und lädt Kunden zu Eishockeyspielen ein. Denn «packende Eishockeyspiele eignen sich hervorragend» für die ein oder andere Vernetzung, so Gemperle.

@René Dürr

Abgesehen davon sind die Spiele der Lions eine Möglichkeit viele Menschen auf einmal zu erreichen. Mit Hilfe des hoch emotionalisierten Brands «ZSC Lions» als auch Spielern in Kombination mit Social Media kann die Marke für mehrere Fans gleichzeitig aktiviert werden. Doch wie bei vielen Partnerschaften geht es auch bei den Lions und Swiss Life nicht nur um den Spieltag und das Stadion selbst. Der Sponsor versucht sich breit im Verein einzubringen und unterstützt die Nachwuchsförderung des Vereins. Dadurch soll der Bezug zur Stadt Zürich und der gesamten Region gestärkt werden und die Versicherung nachhaltig fester Bestandteil der Gesellschaft sein.

Namensänderung bestehender Arenen

Wie ein erstes Naming Right noch Jahre nach dem Bau etabliert werden kann, zeigt zum Beispiel die PostFinance Arena in Bern. Die Bank sicherte sich in Zuge der Sanierung der Arena das Naming Right und hat dieses seitdem inne. Für die «PostFinance» sei das Namensrecht eher die «Kirsche auf der Torte», deren Basis ein umfassendes Eishockey-Engagement ist, betont Andrea Fischer, Projektleiterin Eishockeysponsoring bei PostFinance, die im Gegensatz zu anderen Beispielen ganze Ligen unterstützt und ihr Engagement darauf fokussiert. Anders als bei Swiss Life zum Beispiel ist das Geschäftsfeld der PostFinance auch nicht auf eine Region begrenzt, womit ein nationales Engagement durch Ligen Sinn ergibt.

Die Arena der Lakers in Rapperswil zeigt, dass eine Umbenennung nach einer ursprünglich anderen Namensrecht-Vergabe dennoch möglich ist. Nach einer Grundsanierung hiess die Arena zunächst «Diners Club Arena» bevor die St. Galler Kantonalbank das Namensrecht 2016 erwarb. Seither verfolgt die Bank ähnliche Ziele mit ihrem Engagement bei den SC Rapperswil-Jona Lakers wie Swiss Life in Zürich. Sie hat ebenfalls das Namensrecht der Heimspielstätte des Eishockeyvereins erworben und fördert auch die Talentschmiede der Lakers. René Güntensperger, Leiter Sponsoring & Events der St. Galler Kantonalbank, erklärt: «Damit möchten wir zu einer vielseitigen, lebenswerten und wettbewerbsfähigen Ostschweiz beitragen.» Eine lebenswerte und finanziell starke Region bringt natürlich auch der Bank viele Kunden. Um sich in der Region zu etablieren, biete der Eishockeyverein eine «attraktive Plattformen für die Markenführung sowie gezielte Sponsoring- und Marktbearbeitungsmassnahmen in der Region Linth und darüber hinaus.»

@SGKB

In einem Punkt gleichen sich die Eishockeyarenen in Bern, Zürich und Rapperswil: Bei der Aktivierung steht nicht das Naming Right der Arena im Mittelpunkt, sondern vielmehr das Sponsoring des gesamten Vereins bzw. des Sports. Die Massnahmen rund um das Sponsoring drehen sich auch auf Social Media selten um das Naming Right und mehr um andere Engagements des Unternehmens im Zuge des Sponsorings. Das bestätigt auch René Güntensperger im Fall der Rapperswil-Jona Lakers: «Wir aktivieren unser Sponsoring bei den Rapperswil-Jona Lakers durchaus via Social Media. Allerdings steht dort weniger das Naming Right der Halle im Fokus, sondern vielmehr verschiedene Begleitmassnahmen rund um unser Lakers-Sponsoring.»

Eine Ausnahme von dieser Regel stellen die Arenen von D.LIVE dar. Für das CASTELLO Düsseldorf, welches ähnlich wie das Eisstadion Davos mehrere Jahre nach dem Bau noch auf der Suche nach einem Namensgeber ist, wurde erst in den vergangenen Monaten ein Instagram-Kanal aufgebaut. Damit soll die Social-Media-Präsenz erhöht und die Marke auch online emotional aufgeladen werden. Die anderen Arenen und deren Naming Rights von D.LIVE in Düsseldorf werden ebenfalls auf Social Media aktiviert – jedoch mehr als Zusatz zu den sonstigen Aktivierungen auf Werbebanden und rund um Veranstaltungen. Der Fokus der Aktivierungen liegt also nach wie vor nicht auf Social Media. Potenzial steckt in der Social-Media-Aktivierung trotzdem und D.LIVE könnte mit dieser zum Vorreiter werden. Denn wenn man andere Naming Rights im DACH-Raum betrachtet, fällt auf, dass selten Aktivierungen des Stadions auf Social Media zu sehen sind und viel mehr rund um Verein und Liga aktiviert wird.

Naming Rights, die den Eigentümer bewerben

Einfacher bei der Suche nach Namenssponsoren für ihre Arenen haben es Vereine wie RB Leipzig, Bayer 04 Leverkusen oder der VfL Wolfsburg, wo sich das Naming Right aus dem Vereinskonstrukt ergibt.

Alle drei Vereine haben einen Hauptsponsor, der den Verein nicht nur flächendeckend sponsert, sondern konstant in diesen investiert und auch Anteile am Verein hält. Somit sind die Namensrechte überdurchschnittlich lange vergeben und sind Teil einer grösseren Sponsoringstrategie des jeweiligen Unternehmens im Verein. Die Benennung des Stadions unterstreicht die Präsenz des Unternehmens im Verein und stellt ein Aushängeschild für das Engagement dar.

In diesen Fällen sind die Sponsoren gleichzeitig auch Eigentümer der Arenen und nutzen den gesamten Verein mitsamt des Stadions als Werbung für ihr Unternehmen sowie als Investition. Aktiviert wird auch hier nicht das Naming Right des Stadions, sondern andere Aspekte des Engagements rund um den Verein.


 

Kontakt

ESB Marketing Netzwerk
Jafet Stolla (Netzwerk)
E-Mail: stolla@esb-online.com
Web: esb-online.com

@Gabriele Griessenböck

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