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29.03.2023 // Arnecke Sibeth Dabelstein

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Das Metaverse ist nicht der „Wilde Westen“

„Adidas“, „Nike“, und „Sony“ sind längst da, und immer mehr Unternehmen folgen: das „Metaverse“ wird von vielen als Zukunftsmarkt mit riesigem Potential gesehen. Typisch für die Goldgräberstimmung bei der Entstehung neuer Märkte ist das Gefühl eines rechtsfreien Raums, doch dieser Eindruck ist - zum Glück - ein Trugschluss. Wer vor dem Aufbruch in neue Welten strategische Weichen richtig stellt, kann wertvolle IP-Rechte des eigenen Unternehmens sichern und bei festgestellten Rechtsverletzungen effizient agieren. 

Das „Metaverse“ war bereits Kernelement des MARKENFESTIVAL 2022 und wird nun auch beim eSPORT.BUSINESS.FORUM am 14. April in Leipzig zu Recht eine zentrale Rolle spielen. Glaubt man den Prophezeiungen der Metaverse-Pioniere, wird mit dem „Metaverse“ eine neue virtuelle Welt geschaffen, in der Menschen genauso selbstverständlich interagieren, wie sie heutzutage soziale Netzwerke nutzen. Im „Metaverse“ können Inhalte nicht nur konsumiert (Web1) oder kreiert (Web2), sondern nun auch besessen werden (Web3). So entwickelt sich eine virtuelle Wirtschaft, in der immer mehr Unternehmen neue Absatzchancen sehen. Wer diese Potentiale für sich nutzen möchte, sollte aber nicht nur Verkaufs- und Marketingstrategien entwickeln. Überlegungen zum effektiven Schutz wertvoller IP-Rechte, sowie eine Strategie zur effizienten Verfolgung festgestellter Rechtsverstöße gehören vor der Erschließung neuer Märkte ebenso zum unverzichtbaren Grundgerüst.

Dies verdeutlichen auch erste gerichtliche Entscheidungen im „Metaverse“-Kontext. In Hermès v. Rothschild hat sich ein New Yorker Gericht etwa mit der Abgrenzung von Markenrechten und Kunstfreiheit befasst. Wer bunte Abbildungen im „Cartoon Style“ der ikonischen „Birkin“ Handtasche als NFT minted und verkauft, erschafft demnach keine „Kunstwerke“, sondern verletzt Markenrechte von Hermès. Für Inhaber weniger bekannter Marken könnte es jedoch deutlich schwieriger sein, Markenrechte im „Metaverse“ durchzusetzen. Eine Markenverletzung setzt eine Verwechslungsgefahr voraus (§ 14 MarkenG). Ob eine Verwechslungsgefahr zwischen physischen und virtuellen Gütern besteht, ist gerichtlich noch nicht geklärt. Daher empfiehlt sich eine konsequente Ausweitung des Markenportfolios für virtuelle Waren bzw. Dienstleistungen. So kann auch verhindert werden, dass Wettbewerber einem zuvorkommen und ihrerseits durch Markenanmeldungen den „Metaverse“-Auftritt des eigenen Unternehmens behindern. Laut der EUIPO-Veröffentlichung „Virtual goods, non-fungible tokens and the metaverse“ melden auch immer mehr Unternehmen Markenschutz für die virtuelle Welt an. Markenrechtlicher Schutz kann jedoch nicht generell für „virtuelle Güter“ oder „NFTs“ erlangt werden, vielmehr ist stets die jeweilige Produktkategorie zu spezifizieren (z.B. „downloadable virtual goods, namely virtual clothing“).

Im Zusammenhang mit dem „Metaverse“ kommt außerdem der Plattformhaftung maßgebliche Bedeutung zu. Aufgrund der Anonymität der Krypto- und Blockchain-Welt ist es technisch häufig nicht möglich, Rechtsverletzer persönlich zu identifizieren. Rechtliche Ansprüche können in Verletzungsfällen aber auch gegen Plattformbetreiber bestehen. Dies zeigen bereits einige Gerichtsverfahren gegen große Plattformen im Zusammenhang mit gehackten Krypto-Wallets (z.B. Lavinia Deborah Osbourne v. Opensea (u.a.)). Die großen „Metaverse“-Plattformen haben ihre Haftungsrisiken allerdings erkannt und versuchen, etwaige Konflikte in umfangreichen AGB zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Häufig findet sich darunter ein plattformeigenes Streitbeilegungssystem und der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wird zugunsten von Schiedsgerichten ausgeschlossen (die AGB von „Decentraland“ sehen z.B. ein ICC-Schiedsverfahren mit Schiedsort in Panama City vor). Üblich sind auch weitreichende Haftungsbeschränkungen und eine für die Plattform günstige Rechtswahl (laut den „Sandbox“-AGB ist die Haftung z.B. auf 100,00 USD beschränkt und es wird eine Rechtswahl zugunsten von Malta getroffen). Unternehmen sollten daher die AGB der Plattform genau prüfen, die sie sich für ihre „Metaverse“-Repräsentanz ausgesucht haben. Zahlreiche Regelungen in den AGB der Plattformen dürften zudem gegen europäisches und deutsches Recht verstoßen und können daher mit Erfolg angegriffen werden. Wenn ein Unternehmen Rechtsverletzungen im „Metaverse“ feststellt, sollte also stets auch an rechtliche Ansprüche gegen die Plattformbetreiber gedacht werden.

Auch wenn noch viele Rechtsfragen offen sind, so zeigen die ersten Gerichtsentscheidungen doch vor allem eines: Die „Rule of law“ gilt auch im „Metaverse“. Unternehmen sollten daher unbedingt auch rechtliche Aspekte in ihre „Metaverse“-Überlegungen einbeziehen. Wir von ASD beschäftigen uns seit Jahren mit Rechtsfragen rund um die Themen „Metaverse“, „NFT“, „Krypto“ und „Web3“, und stehen Ihnen für Rückfragen jederzeit gerne zur Verfügung.

Bildquelle: ASD


Kontakt

Arnecke Sibeth Dabelstein
Dr. Thomas Körber und Dr. David Stadtfeld (Rechtsanwälte)
Web: asd-law.com

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