Am 1. Juli 2022 wird Schweizer TV-Forschungsgeschichte geschrieben: Die Branchenorganisation Mediapulse führt die hybride TV-Messung ein und sorgt damit für mehr Planungssicherheit und Stabilität im TV-Markt. Was bedeutet das für die Nullerratings von Werbeblöcken und welche Vorteile bringt die Umstellung mit sich? Lukas Bolliger von der Goldbach Group AG liefert uns Antworten auf diese Fragen.

Das heutige TV-Messsystem misst in 2000 Schweizer Haushalten die TV-Nutzung. Diese Daten werden hochgerechnet, um Aussagen zu den Zuschauerzahlen für das gesamte Land zu treffen. Ab dem 1. Juli 2022 kommen nun die Daten der Set-Top-Boxen von den zwei grössten Telekommunikationsunternehmen, Sunrise UPC GmbH und Swisscom AG, hinzu. Damit wird die TV-Währung hybrid. Mit der um ein Mehrfaches grösseren Datenmenge kann die Schweizer TV-Nutzung genauer bestimmt werden, was wiederum zu mehr Stabilität in den Daten führt und eine erhöhte Planungssicherheit für TV-Kampagnen mit sich bringt. Doch der Reihe nach.

Mit höherer Datenmenge Nullerratings* von TV-Werbeblöcken verringern

Die Schweiz ist Weltmeisterin in Sachen Fragmentierung. So haben wir hier wohl eines der grössten TV-Angebote: Neben den Schweizer Sendern gibt es solche aus Deutschland, Österreich, Frankreich oder Italien. Es gibt Sender für Kinder, Familien, Frauen, Männer, Sport- oder Musikinteressierte und so weiter. Hinzu kommt zeitversetztes Fernsehen. Was für die Zuschauer*innen wie ein TV-Schlaraffenland ist, bringt die stichprobenbasierte TV-Messung an ihre Grenzen. Weil sich das zwar stabile, im internationalen Vergleich aber eher kleine TV-Publikum der Schweiz auf das breite und vielsprachige Angebot verteilt, sind die Zuschauerzahlen in manchen Fällen nicht mehr valide ausweisbar. Folge sind sogenannte “Nullerratings” bei Werbeblöcken und die daraus resultierende Planungsunsicherheit bei TV-Kampagnen für die Marktteilnehmenden.

Bei der neuen, hybriden Messmethode werden nun die Stärken der Stichprobenerhebung bei realen Personen mit der grossen Menge an anonymisierten Nutzungsdaten der Set-Top-Boxen verbunden. Dieses von Mediapulse entwickelte Modell ermöglicht eine höhere Genauigkeit beim Bestimmen der TV-Nutzung der einzelnen Sender und Werbeblöcke. Ziel ist es, die Fragmentierung der TV-Nutzung abzufangen und den Zuschauerzahlen der TV-Sendern mehr Genauigkeit, Planbarkeit und Stabilität zu geben und Nullerratings zu verringern. Die TV-Reichweiten- und Ratings bleiben dabei stabil.

Hybride Messung bestätigt Messung der TV-Reichweite

Schweiz als Pionierin im internationalen Vergleich

Die Fragmentierung setzt allen TV-Märkten in Europa zu. Eine Zusammenstellung von Mediapulse zeigt die unterschiedlichen Ansätze auf: Im Vereinigten Königreich versucht man, der Fragmentierung Herr zu werden, indem man das bestehende Messpanel vergrössert. Man rekrutiert also mehr Haushalte für eine fundiertere Aussage zur TV-Nutzung. In Italien hat man bereits 2017 zusätzliche Haushalte rekrutiert, wo allerdings nur die Fernsehnutzung am TV-Gerät erfasst wird, nicht aber die Nutzung der einzelnen Haushaltsmitglieder. Auch in Frankreich sollen zusätzliche Haushalte rekrutiert werden, von welchen dann die Daten der Set-Top-Boxen ausgewertet werden. All diese Ansätze stützen sich auf die Rekrutierung zusätzlicher Panelisten, was beträchtliche Kosten generiert und gleichzeitig dem Zugewinn an Datengranularität enge Grenzen setzt. Die Schweizer Lösung umgeht beides und setzt alleine auf die Anreicherung der bestehenden Panelforschung mit Nutzungsdaten aus digitalen Set-Top-Boxen. "Wir sind in der Schweiz in der glücklichen Lage, dass die beiden grössten TV-Distributoren die Weiterentwicklung der TV-Forschung unterstützen und Mediapulse die erforderlichen Daten unter Einhaltung der Datenschutzanforderungen täglich zur Verfügung stellen", sagt dann auch Dr. Mirko Marr, Head of Research bei der Mediapulse AG. "Mit der auf diesen Daten aufbauenden Lösung können wir in der Schweiz einen neuen Standard für die Messung der fragmentierten TV-Nutzung setzen."

Vorteile für gesamten TV-Markt

Von der Hybridisierung der TV-Messung profitieren alle Marktteilnehmenden. Der Werbemarkt in Form einer klaren Verbesserung für TV-Werbekampagnen: Mit der hybriden Messung erhalten drei von vier Werbeblöcke, die mit der heutigen Messung noch Null ausweisen, einen genauen Messwert. Das ergibt sowohl für die Planung wie auch für die Erfolgskontrolle von ausgestrahlten TV-Werbekampagnen wesentliche Vorteile. Zudem legt die grössere Datenmenge die Basis für in Zukunft individualisierte Werbung – mit der hybriden Messmethode sollen auch die neuen Replay Ads messbar sein. «Wir sind sicher, dass wir unseren Kundinnen und Kunden durch die hybride Messmethode in Zukunft noch mehr Stabilität und Planungssicherheit für ihre Werbekampagnen liefern können. Darüber hinaus wird so die Basis für eine Erweiterung der Bewegtbildmessung von Replay- über Online-Video, bis hin zu einer konvergenten Währung, ermöglicht», sagt Alexander Duphorn, CEO der Goldbach Media.

Vorteile durch Hybridisierung: Reduktion der Nullerratings

Die Grafiken zeigen eindrücklich, dass die neue Messung hält, weswegen sie eingeführt wird. Die Messbarkeit von Werbeblöcken steigt deutlich an und die TV-Sender bekommen somit auch bei geringen Reichweiten stabilere und detailliertere Daten. Vor allem kleinere und zielgruppenspezifische Sender, aber auch grössere TV-Sender zu Randzeiten, profitieren davon. Darüber hinaus bestätigen die Tagesreichweiten, dass die Währung zwar granulare Reichweiten besser ausweist, es aber keine essentielle Veränderung der Verhältnisse in der bestehenden Messung gibt.

Damit wird am 1. Juli in der Schweiz eine neue TV-Währung etabliert, die den Anforderungen der fragmentierten Bewegtbildnutzung entspricht. Und schon jetzt ist klar, dass die Schweiz eine Vorreiterrolle im internationalen TV-Markt einnimmt und versucht, damit die Basis für eine nachhaltige und kommerziell erfolgreiche TV-Währung der Zukunft zu legen.

 

*Infobox Nullerrating: TV-Nutzung für Werbeblock wird nicht erfasst, da kein Panelist den entsprechenden Werbeblock schaut.


Textquelle: Lukas Bolliger, Goldbach Group AG, beraten von Dr. Mirko Marr, Head of Research Mediapulse AG /
Grafiken: Mediapulse AG
Bildquelle: Goldbach Group AG

Kontakt

Goldbach Group AG
Lukas Bolliger (Brand & Content Marketing Manager)
E-Mail: lukas.bolliger@goldbach.com
Web: www.goldbach.com

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