In Deutschland ist der Turnverband der zweitstärkste Verband, gemessen an der Mitgliederanzahl. Dennoch holten deutsche Turner seit der Jahrtausendwende nur 6 Olympische Medaillen – die Hälfte davon durch Fabian Hambüchen. Turnen ist aber nicht die einzige Sportart, die um Spitzen- oder auch Breiten-Nachwuchs ringt. Bei SPORT & MARKE als auch beim Verbandsmanagement Think Tank für SPORT MARKE MEDIEN wird diese Herausforderung diskutiert. Im Vorfeld teilen Partner-Verbände und Ligen aus DACH ihre Expertise dazu, wie man die Breite und Spitze im Sport fördern und kombinieren kann.

Entwicklung vor Ergebnissen

Die wichtigste Arbeit, um Spieler:innen in die Jugendabteilungen der Tennisclubs zu bringen, passiert an der Basis in den Vereinen. Wir als Dachverband können hier unterstützen, indem wir Begeisterung für Tennis entfachen, für einen möglichst niedrigschwelligen Einstieg in unsere Sportart sorgen und Trainer:innen möglichst so ausbilden, dass sie Kinder und Jugendliche dauerhaft zum Tennis spielen motivieren.

Im Leistungsportbereich ist es dann unser Ziel durch eine breite Talentsichtung möglichst viele auf dem Weg nach oben mitzunehmen und nicht zu früh zu selektieren. Entwicklung vor Ergebnissen ist hier unser Credo. Über die Schaffung von optimalen Rahmenbedingungen möchten wir unseren Athletinnen dann ermöglichen, ihre individuellen sportlichen Höchstleistungen abzurufen.

Veronika Rücker, Vorstand, Deutscher Tennis Bund

©DTB

Infrastruktur, Engagement & Ressourcen

Wir versuchen Angebote zu schaffen, die den Bedürfnissen der GenZ entsprechen: Kurze und dynamische Wettbewerbe, flexible und unverbindliche Sportangebote (z. B. Levelsports/Street Floorball) oder Online-Kurse für Trainer*innen und Schiedsrichter*innen. Ich bin überzeugt, dass sich auch Vereine neu aufstellen und ihre Angebote überdenken müssen, wenn das Modell „Sportverein“ langfristig weiterhin funktionieren soll.  

In Teamsportarten braucht es eine gewisse Breite, damit man eine Spitze bilden kann. Für uns ist zentral, dass beides miteinander funktionieren muss. Deshalb legen wir grossen Wert darauf, von der „Unihockeyfamilie“ zu sprechen und Events zu organisieren, welche sowohl für den Leistungs- wie auch für den Breitensport sind (z.B. Cupfinals). Breite gewinnt man, indem die Vereine ihre Angebote ausbauen. Dies hängt einerseits von der zur Verfügung stehenden Infrastruktur und andererseits vom Engagement der Ehrenamtlichen ab. Die Spitze ergibt sich, indem wir die Talentselektion und die Talentförderung professionell aufstellen und mit genügend Ressourcen alimentieren.

Wichtig ist, die beiden Bereiche Breiten- & Spitzenförderung ausgewogen zu begleiten. Ein gemeinsames „Wir-Gefühl“ ist wichtig. Im Unihockey sind wir dabei ziemlich erfolgreich unterwegs.

Reto Balmer, Leiter Sportentwicklung, swiss unihockey

©swiss unihockey

Heute an die Zukunft von morgen denken

Die Nachwuchsförderung ist eine der zentralen Säulen im Schweizer Eishockey. Um die Mitglieder der GenZ sowie der Gen Alpha bestmöglich abzuholen und zu begeistern, setzt Swiss Ice Hockey auf verschiedenste Rekrutierungs- und Visibilitätsmassnahmen. So findet beispielsweise jährlich der schweizweit organisierte «Swiss Ice Hockey Day» statt, bei welchem Jugendliche zusammen mit Eishockey-Profis einen Tag auf dem Eis verbringen oder es werden regionale «Girls Hockey Days» durchgeführt, um das Eishockey auch für junge Mädchen nahbar zu machen. Darüber hinaus werden Social-Media-Kanäle genutzt, um aufregende, mehrwertstiftende und zielgruppenspezifische Eishockeyinhalte zu teilen und so junge Menschen anzusprechen. Ziel dabei ist es, das Bewusstsein fürs Eishockey zu steigern, um bei einer Vielzahl von Jugendlichen die Freude dafür zu wecken und sie für diesen attraktiven Sport zu gewinnen.

Diese Massnahmen tragen dazu bei, dass die Breite, also der Zuwachs an lizenzierten Spielerinnen und Spielern, kontinuierlich gesteigert werden kann. Um Spitze im Eishockey zu erreichen, werden talentierte Athletinnen und Athleten aus den Breitensportprogrammen identifiziert und in ihrer Gesamtheit zielgerichtet nach internationalen Standards gefordert sowie von hochqualifizierten Trainerinnen und Trainern gefördert und entwickelt.

Durch die Verbindung von Breiten- und Spitzenförderung im Eishockey kann die SIHF sicherstellen, dass sie eine vielfältige und talentierte Spielerbasis aufbaut und gleichzeitig einen klaren Entwicklungspfad für zukünftige Spitzenathleten schafft.

Patrick Bloch, CEO, Swiss Ice Hockey Federation

©Caroline Staeger

Innovative Trainingsmethoden

Swiss Volley engagiert sich aktiv für die Integration von Mitgliedern der Generation Alpha und Gen Z in ihren Nachwuchskategorien, indem sie innovative Trainingsmethoden und Technologien nutzen, die den Zeitgeist dieser Generationen ansprechen. Breite im Sport gewinnt man durch eine offene und inklusive Atmosphäre, die verschiedene Altersgruppen und Fähigkeiten einbezieht.

Um Spitze zu erreichen, bedarf es gezielter Förderung talentierter Athlet:innen durch individuelle Betreuung und qualifizierten Trainer:innen. Eine nachhaltige Entwicklung erfordert die Verbindung von Breiten- und Spitzensport, indem Breitensportprogramme Zugang und Teilnahme für alle ermöglichen, während Swiss Volley im Leistungssport Talente identifiziert und mit Hilfe der Vereine und regionalen sowie nationalen Nachwuchsträgerschaften unterstützt und fördert. Die Synergie zwischen beiden Bereichen schafft eine dynamische und nachhaltige Sportkultur, die sowohl die Basis als auch die Spitze stärkt.

Philippe Saxer, CEO, Swiss Volley

©Swiss Volley

Vereine als zentraler Knotenpunkt

In unserer Herangehensweise zur Integration von Mitgliedern der Gen Alpha/Gen Z in unsere Jugendabteilungen setzen wir auf verschiedene Strategien. Für die Förderung der aktiven Teilnahme konzentrieren wir uns primär darauf, Angebote und Fortbildungen im Bereich Trendsportarten für Vereine zu unterstützen und weiterzuentwickeln. Dies umfasst Initiativen wie SPORTUNION Ninja, 4TC-Jam, Dancecontest und viele weitere. Im Bereich der Aus-/Fortbildung legen wir Wert auf vielfältige Möglichkeiten, darunter Parkour & Freerunning, Skateboard und Animal Flow uvam. Gleichzeitig ist es entscheidend, ein attraktives und zeitgemäßes Vereinsleben zu gestalten. Daher entwickeln wir in unserer Akademie eine Vielzahl von Online-Lernmodulen und eine eigene Fortbildungsreihe mit dem Fokus "Wie wird mein Verein digital?". Um Kids & Teens möglichst früh zu binden und in den Verein zu integrieren (ab 13 Jahren), bieten wir ab heuer eine Ausbildung zum Junior-Assistenten an.

In Bezug auf die Gewinnung von Breite im Sport streben wir danach, Sport und Bewegung im Verein als integralen Bestandteil unserer Kultur zu etablieren. Hierbei setzen wir auf Maßnahmen, die dazu beitragen, dass Sport und Bewegung zur Selbstverständlichkeit werden. Zum Beispiel über Kooperationen mit dem Sport-& Bildungsminister die Tägliche Bewegungseinheit in Schulen oder dem Gesundheitssektor präventive Bewegungsangebote wie „Bewegt im Park“. Im Hinblick auf die Spitzenförderung liegt unser Hauptaugenmerk auf der Umfeldentwicklung, insbesondere im Übergangsbereich, um die Abbruchquoten zu verringern. Ein kürzlich gestartetes Programm, Young Athletes, zielt darauf ab, diesen Übergang zu erleichtern.

©Martin Jordan Fotografie

Um Breiten- und Spitzenförderung nachhaltig zu verbinden, plädiere ich dafür, die Trennung zwischen beiden Ansätzen aufzuheben. Stattdessen sollten wir die Vereinsstrukturen als wertvollstes Gut für die Sportentwicklung betrachten und in allen Bereichen unterstützen. Ein entscheidender Schritt hierbei ist die Reduzierung adipöser Administration und Bürokratie, um Ressourcen effektiver zu nutzen und die Sportentwicklung ganzheitlich zu fördern. Indem wir diese Verbindung herstellen und die Vereine als zentralen Knotenpunkt für die Förderung von Breite und Spitze anerkennen, können wir eine nachhaltige Entwicklung im Sport gewährleisten.

Stefan Grubhofer, Generalsekretär, SPORTUNION ÖSTERREICH

Vereine für jedes Leistungs- und Motivationslevel

Der Skisport wird auch für Kinder und Jugendliche der Generationen Alpha und Z sowie für Erwachsene hoch attraktiv bleiben. Die Freizeit Aktivitäten junger Menschen sind oft geprägt durch die Nutzung digitaler Medien und die Angebotsvielfalt sportlicher Aktivitäten ist groß. Der Skisport bietet neben dem hohen Erlebniswert des Sporttreibens in der Natur Gemeinschaft und soziales Miteinander. Kinder und Jugendliche erleben den Winter in den Bergen, stärken ihr Selbstvertrauen durch schnelle Lernerfolge im Schnee und können ihren eigenen Flow auf den Pisten und Loipen finden. Dies alles verbindet und prägt Kinder und Jugendliche in den Skivereinen.

©DSV Marketing

Von der Breite in die Spitze – durch eine breite Ausbildung in den Vereinen wird den Kindern die Freude am Skisport vermittelt, unabhängig von Umfang und Leistung. Motivierte und talentierte Kinder finden anschließend in leistungsorientierten Trainingsgruppen ihren Platz und werden dort individuell auf ihrem Weg zum Spitzensport gefördert und ausgebildet. Der Skisport bietet jedoch auch für die Breite eine große Spielweise – vom Skiausflug mit Freunden oder der Familie über Erlebnisse im Freestyle Park bis hin zum Freeriden oder Skitouren gehen. Hierfür bieten die Vereine zahlreiche Angebote und halten skisportbegeisterte Menschen zusammen. Ganz individuell nach ihren Wünschen vom eintägigen Skiausflug bis hin zum ganzjährigen Trainingsangebot. Vereine bieten zudem vielen skisportbegeisterten Jugendlichen die Möglichkeit ihre Leidenschaft als Skilehrer oder Trainer weiter zu geben und Verantwortung zu übernehmen.

Thomas Braun, Vorstand Sportentwicklung und Bildung,DSV Marketing

Positive Umgebung & ausgewogenes System

Grundsätzlich können keine Generationen miteinander verglichen werden. Jede Generation hat ihre eigenen Merkmale, Vorlieben und Herausforderungen. Ein wesentliches Problem, dem wir gegenüberstehen, ist die abnehmende Anerkennung von sportlichen Aktivitäten in Schulen. Schulen, denen traditionell eine Verantwortung für die Förderung von Bewegung zukommt, haben unter anderem aufgrund von Zeitbeschränkungen oder Priorisierung anderer Fachbereiche die Bewegungszeiten oft gestrichen. Deutschland liegt unter den von der WHO vorgegebenen Zeiten. Dadurch kommen Kinder nicht ausreichend mit Sport in Berührung, obwohl wir wissen, dass Sport essentiell für eine gesunde Entwicklung ist. Das ist jedoch nicht nur ein gesellschaftliches, sondern auch ein strukturelles Problem. Infolgedessen wird die Arbeit von Sportvereinen immer wichtiger, um aufzufangen, was in der Schule liegen bleibt.

Aber wie können wir diese jungen Menschen in unsere Jugendabteilungen bringen? Ein gutes Recruiting-Programm ist unerlässlich. Darüber hinaus benötigen wir engagierte Trainer, die den Kindern nicht nur die technischen Aspekte des Sports vermitteln können, sondern auch den Spaß und die Begeisterung für die Aktivität. Sie müssen den Jugendlichen ein gutes Gefühl geben und eine positive Umgebung schaffen, in der sie sich entwickeln und wachsen können. Nur durch solch einen ganzheitlichen Ansatz können wir sicherstellen, dass die nächste Generation weiterhin von den Vorteilen des Sports profitiert und am Ende auch dem Verein und Sport treu bleibt.

Um Breite im Sport zu gewinnen, ist es entscheidend, dass wir Sportarten positiv nach außen tragen und die Vereine aktiv in die Gesellschaft einbinden. Ein gutes Rekrutierungsprogramm, das sowohl Sportler als auch Ausbilder anspricht, ist essenziell. Breite im Sport zu gewinnen bedeutet auch, die Basis zu stärken, denn aus ihr entstehen die Talente von morgen. Mannschaftssportarten spielen hier eine entscheidende Rolle, da sie eine breite Basis erfordern, die die Trainingsqualität erhöht und die Grundlage für den Spitzensport legt.

Für die Spitze im Sport sind Ausnahmetalente unerlässlich, die oft aus der breiten Masse hervorgehen. Es bedarf einer starken Trainingsinfrastruktur und ausgeklügelten Ausbildungskonzepten, die eine Philosophie vermitteln, die vom Verband bis in die Vereine getragen wird. Dies ist bei uns im Eishockey der Fall und es ermöglicht eine schnelle Umsetzung an der Basis, ein Vorteil, den kleinere Verbände oft haben. Dabei ist auch die Ausbildung der Trainer von entscheidender Bedeutung, denn sie spielen eine Schlüsselrolle in der Persönlichkeitsentwicklung der Sportler. Stetige Weiterentwicklung und die Förderung individueller Talente sind essentiell für den Spitzensport. 

©ESBG

Die Breitenausbildung bis zur U15 bildet das Fundament für den späteren Leistungsbereich. Es ist wichtig, dass viele Standorte eine Ausbildung anbieten. Dabei ist es entscheidend, dass die Ausbildung ordentlich strukturiert ist, um Über- oder Unterforderung zu vermeiden. Leistungsorientierter Breitensport ermöglicht es, Talente zu identifizieren und individuell zu fördern. Eine individuelle Förderung ist von zentraler Bedeutung. Trainer sollten engagiert sein und die Spieler gut trainieren. Spieler, die über das Durchschnittliche hinaus talentiert sind, sollten zusätzliche Möglichkeiten zur individuellen Förderung erhalten. Dies könnte beispielsweise durch die Teilnahme an höheren Klassen oder zusätzliches Training geschehen.

Ab dem U17-Level braucht es spezielle Standorte, die sich ausschließlich auf den Leistungssport konzentrieren. Diese Standorte müssen mit Internaten oder spezialisierten Schulen verbunden sein, um optimale Trainings- und Lernbedingungen zu schaffen. Letztendlich ist es entscheidend, dass die Verbindung zwischen Breiten- und Spitzenförderung nahtlos ist und sich gegenseitig ergänzt. Ein ausgewogenes System, das die Bedürfnisse jedes Spielers berücksichtigt, ist der Schlüssel zu einer nachhaltigen Entwicklung im Sport.

Markus Gleich, Standort- und Talententwickler, DEL2

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