Mit dem Warnhinweis-Aufkleber "Achtung, wenig Zucker" protestierte die Getränkemarke Lemonaid gegen die geltenden Limonaderegeln. Lemonaid sollte sein Produkt nicht Limonade nennen dürfen. Der Grund: Das Getränkt enthält weniger als 7 Gramm Zucker pro 100 Milliliter. Wie man aus Vorschriften medienwirksame Kommunikation erzeugt und wie Social Business funktioniert, darüber spricht Paul Bethke, der Gründer von Lemonaid.

Herr Bethke, Sie haben Ihre Getränke mit dem Warnhinweis „Achtung wenig Zucker“ versehen. Die Gesetzgebung hinkt offenbar den gesellschaftlichen Bedürfnissen hinterher und beharrt auf ihren Zusatz zur Mindestmenge an Zucker in Limonaden. Was ist der Stand der Dinge? Müssen Sie die Marke umbenennen oder kommt endlich Bewegung in den Prozess?

Bethke: Die Regel hat weiterhin Bestand. Trotz deutlicher Kritik der Bevölkerung. Die zuständige Kommission tagt regelmässig in der Sache. Nach nun bereits über 11 Sitzungen kam es zu keinerlei Streichung. Die Lobby, die leider ein Teil der verstaubten Kommission ist scheint einfach zu stark. 

Was denken Sie, steckt konkret hinter der absurden Zuckermindestgrenze? Bürokratie, Lobbyinteressen und warum? (Stichwort Zucker als Geschmacksverstärker)

Bethke: Sicher eine Mischung aus Allem. Vor allem allerdings Lobbyismus. Zucker ist für viele grosse Marken ein billiger Geschmackstreiber. Je mehr Zucker, desto stärker der Geschmack der anderen Bestandteile. Es ist somit eine Art Geschmacksverstärker. Das wissen viele nicht. Je mehr Regeln diesen ungesunden Bestandteil fördern, desto besser für viele der ganz Grossen die Kosten sparen wollen. In der Kommission, die die Regeln formuliert, sitzen Vertreter dieser Industrieverbände und wirken direkt mit. Leider.

Inwieweit hat der „Zuckerstreit“ samt Protestaktionen und Warnhinweisen auf Ihren Getränken das Kaufverhalten Ihrer Kunden beeinträchtigt? Konnten Sie einen Anstieg der Verkaufszahlen feststellen oder zahlt die Aktion doch mehr auf den Markenwert ein? 

Bethke: Am Absatz konnten wir es nicht sehen. Sicher aber ist unsere Markenbekanntheit durch die Auseinandersetzung gestiegen. Mehr Menschen wissen heute, dass wir für faire und gesündere Getränke stehen. Allein in 2020 berichteten über 100 Zeitungen und Medienhäuser über den Fall. Und das oft mehrfach. 

Lemonaid ist ein Paradebeispiel für eine Marke mit Sinn und Zweck. Was steckt hinter dem Prinzip des Social Business?

Bethke: Die Gründungsidee von Lemonaid basiert auf dem Prinzip des Social Business. Nach dem Motto „Trinken hilft“ unterstützen wir verschiedene Sozialprojekte in den Anbauregionen der Zutaten. Es geht uns darum zu zeigen, dass wirtschaften auch anders gehen kann. Mit einem positiven Fussabdruck in allen Bereichen.

Nicht nur die Szene-Gastronomie bietet Ihre Softdrinks an, sondern auch die Supermarktkette REWE verkauft Lemonaid. Wie sieht Ihr Engagement in der Schweiz aus? Was ist geplant? 

Bethke: Die Schweiz hat für uns weiterhin Riesen Potential. Für uns ist die Szene wichtig um hinterher auch in anderen Kanälen wahrgenommen zu werden. Wir möchten keine kostspieligen Kampagnen fahren müssen. Insofern geht unser Weg über die persönliche Gastronomie und im Anschluss in den Handel. Auch in der Schweiz sind wir aber auch bereits in Kanälen wie Alnatura und bei Coop zu finden.

Vor kurzem Titelte die Wochenzeitung Die Zeit mit „Die Stunde der 40 Jährigen“. Ihr Portrait reihte sich mit Politischen Größen wie Annalena Baerbock und Jens Spahn ein. Wofür ist Ihrer Meinung nach „jetzt“ die Zeit gekommen? 

Bethke: Zeit für ein Umdenken. Weg vom Profitmaximierung - um jeden Preis. Es gibt mehr und mehr Herausforderungen, die mit veralteten Denkmustern nicht mehr zu lösen sind. Und das ist ein Punkt, den die Wirtschaft als treibende Kraft der Gesellschaft angehen sollte. Aber es oft bereits auch tut. Ich bin ganz positiv gestimmt, dass hier sehr viel passiert. 

 

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Kontakt

Lemonaid Beverages GmbH
Paul Bethke
Neuer Kamp 31
20359 Hamburg
Tel: +49 40 226 30 350
E-Mail: info@lemonaid.de
Website: https://lemon-aid.de/

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